Wieder im Wasser

12. Juli 2023

Das fängt ja gut an, noch im Taxi zum Flughafen sehe ich, dass unser Flug nach Toronto eine mehr als 4-stündige Verspätung haben wird. Immerhin bedeutet dies, dass wir pro Person 600 € retour bekommen werden, ich betrachte diese Zeit also als gut bezahlte Arbeitszeit am Flughafen und nehme es mit Humor. Fritz ist nicht ganz so glücklich mit der Situation. Endlich in Toronto angekommen geht es weiter mit dem Mietwagen nach Penetanguishene, wo Magellan schon uns auf wartet. Wir haben einiges im Gepäck für sie, sie wird in den nächsten Wochen einen neuen Kartenplotter bekommen (in Wien liegt auch schon das passende Radar dazu – kommt nächstes Jahr mit), einen neuen Mulitplexer, drei neue Fenster. Auch wird bei der Scheuerleiste wieder geschweißt, im Badezimmer wird das Seeventil still gelegt und der Abfluss in den Grauwassertank verlegt, nebenbei wird auch noch in einigen Bereichen entrostet, gestrichen, gespachtelt und geschliffen. So vergeht die Zeit vom 2. Juni (Ankunft) bis Dienstag 4. Juli wie im Flug. Eigentlich sollten wir an diesem Tag kranen, aber Matteo unser Schweißer hat noch nicht alles erledigt. Am Mittwoch den 5. erledigt er aber die letzten Arbeiten und am Freitag liegen wir endlich im Wasser – wir schwimmen, sind dicht – und ich trage die letzte Farbe auf, bevor die Segel hochgezogen werden. Am Steg geht es rund, viele der Bootsbesitzer haben in den letzten Wochen den selben Schneider wie Fritz und ich gehabt => luckriges, mit Farbe verschmiertes T-Shirt und und eine passende Hose, sind hier voll im Trend, und alle freuen sich nun für uns, dass es endlich los geht. Als die „Europäer“ sind wir halt auch hier Exoten und Fritz fällt sowieso auf, wenn er in Shorts und Prothese um das Boot herum läuft.

Sonntag in der Früh machen wir eine Runde im Hafen und verabschieden uns von lieben Bekannten, hier wurde uns angeboten, dass wir bei Ihnen am Boot schlafen dürfen, als wir erfahren haben, dass wir nicht mehr am Boot schlafen dürfen während der Arbeit, ein Supermarktbesuch oder Baumarktbesuch wurde mir ebenso täglich mehrmals angeboten (und auch oft angenommen). Zwei unserer lieben Bekannten sind schon unterwegs, diese treffen wir vielleicht unterwegs im North Channel. Achja – und das Problem mit dem Schlafen an Bord konnten wir lösen, indem wir direkt im Hafengebäude gegen wenig Geld ein kleines Appartment mieten konnten.

Die Pläne für dieses Jahr sind deutlich größere als voriges Jahr – es geht in den North Channel und dann weiter in den Lake Superior, auch der Obersee bei uns im deutschsprachigen Raum genannt. Es handelt sich dabei um den größten der „Great Lakes“. Er ist auch mit über 80.000 km² der größte Binnensee der Welt. Würde man alle anderen Seen, die wir in den letzten Segelsaisonen befahren haben (Lake Ontario, Lake Erie und Lake Huron) in einen leeren Lake Superior gießen, wäre dieser noch immer nicht voll, dies liegt daran, dass er auch sehr tief ist. Daher ist das Wasser auch recht kühl und es kommt recht häufig zu Nebel. Spätestens seit Neufundland wissen wir, was dies bedeutet. Er ist daher deutlich weniger befahren als die anderen Seen und sehr naturbelassen. Und damit ist auch klar – wir freuen uns wahnsinnig darauf, dieses Gewässer kennenzulernen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Oberer_See

Am Sonntag, den 9. Juli geht es aber einmal ganz gemütlich los Richtung Hope Island – ja stimmt, dort landen wir jedes Jahr, aber es hat einfach einen tollen Sandstrand, gilt als die Karibik Kanadas und ist nur 18 sm von unserem Winterliegeplatz entfernt. Also ein toller Start in die Segelsaison. Konrad, unser Motor darf gleich mal zeigen, dass er im Winter nichts verlernt hat und bald liegen wir vor Anker in der Sonne.

Bereits um 6:30 Uhr am nächsten Tag geht es weiter, wir sind beide putzmunter und wir haben tolles Segelwetter – daher machen wir auch nach 38 sm noch nicht Schluss, sondern es geht weiter zum Ankerplatz, welcher erst am nächsten Tag geplant gewesen wäre. Nach über 56 sm fällt der Anker wieder ins Wasser und wir freuen uns darüber, dass wir noch in der Sonne im Cockpit liegen könnten. Immerhin haben wir eine Geschwindigkeit von über 8 kn max am GPS gesehen. Am Dienstag geht es ebenfalls so früh weiter, und wieder verwöhnt uns der Wind uns so lassen wir den geplanten Ankerplatz wieder aus, der bei Manitoulin Island geplant gewesen wäre. Dies ist die größte Süßwasserinsel der Welt und gehört der First Nation. Ich bin traurig, als wir vorbeifahren, irgendwie geht es sich nie aus, dass wir in der ersten Augustwoche hier in der Nähe sind, wo der größte Pow-Wow Nordamerikas abgehalten wird. Und ihr kennt ja schon die Fotos und Berichte von anderen, viel kleineren Pow-Wows, die wir schon besucht haben, wie toll wäre es erst, diesen hier zu besuchen. In einem schlauen Buch habe ich auch gelesen, dass die Indianer auf Manitoulin Island diese Insel nie an die Kanadier übergeben haben, daher ist sie eigentlich gar nicht kanadischer Boden, dies wird aber in der Praxis so nicht umgesetzt.

Noch während ich die Insel traurig beäuge, biegen wir schon in den „North Channel“ ein. Hier beginnt ein Bereich der Seen, der voller Nationalparks ist, Unmengen an Ankerplätzen bietet und als eines der besten Segelreviere Nordamerikas gilt. Uns empfängt der Channel gleich einmal mit viel Welle und Wind auf die Nase und wir biegen gleich einmal ab und suchen uns einen Ankerplatz. Die Welle ist weg, der Wind bleibt, der Windgenerator purrt gerade am Heck, ich sitze im Cockpit und schreibe diesen Eintrag. Leider haben wir gerade gar keinen Internetzugang, da kein Telefonnetz, aber morgen geht es an der Kleinstadt Little Current vorbei. Während wir darauf warten werden, dass die Brücke für uns geöffnet wird, werde ich also rasch diesen Beitrag für euch hochladen. Damit gehen sich aber leider keine Fotos aus. Aber versprochen: Wir haben zugehört und uns gemerkt, dass Fotos von euch gewünscht werden (und ja – nicht nur Natur, sondern auch Menschen J) und diese werden pflichtbewusst bei der nächsten Gelegenheit nachgereicht. Wer weiß, vielleicht geht sich ja sogar etwas aus, während wir unter der Brücke durchfahren …