Die einsame Nord- und Ostküste von Lake Superior

Wir sind noch keine zwei Stunden in Thunderbay und ich habe noch nie so viele Menschen, die der First Nation angehören auf einen Fleck gesehen. Gleich nachdem wir bei viel Wind angekommen sind, haben wir in Kanada wieder einklariert. Obwohl man in der Marina gemeint hat, dass die Beamten gerade erst da waren und daher wahrscheinlich nicht gleich wieder kommen würden, habe ich nur gelacht – österreichische Flagge – die werden sicher kommen. So war es auch, da aber ein sehr starkes Gewitter im Anzug war, war es eine sehr flotte Amtshandlung. Sobald dies erledigt war, haben wir noch etwas Diesel nachgetankt, zwar ist die bei einem Tank von 2200 l Fassungsvermögen nur selten wirklich dringend, aber ein bisschen nachfüllen wollten wir doch wieder einmal. Danach begann meine Suche nach einem Baumarkt. Hatten wir doch am letzten Tag auf der Isle Royal einen Platz am Steg und um ca. 3:00 Uhr morgens saß ein Nager auf der Küchenrolle und zerschrederte diese. Bis ich ein Sieb aus dem Küchenkasterl hervorgekramt hatte war das Nagetier (Maus, Hamster?) nicht mehr zu sehen. Und ja – es war 3:00 Uhr früh und ich habe nur den Kopf gesehen. Also bin ich auf der Suche nach Lebendfallen, damit wir unsere Schläuche und Kabel beschützen und unseren ungebetenen Passagier wieder wo aussetzen können. Ich finde die gewünschten Dinge (4 Stück – sicherheitshalber) und diese werden mit vielen guten Sachen jeden Abend aufgestellt. Einige Tage später sind wir uns sicher, dass das Tierchen so schlau war und das Boot wieder verlassen hat, während ich noch das Nudelsieb hervorkramte.

Am zweiten Tag quetschen wir uns wieder in den Bus und fahren nach Fort Williams, welches ein Living Museum ist und zu den größten Attraktionen in Kanada gehört. Hier wurde mit viel Liebe zum Detail der Platz nachgebaut, an dem sich die Pelzhändler und die Trapper getroffen haben um die Ware für den Transport nach Europa zu übergeben. Der Pelzhandel ist erst zum Erliegen gekommen, als die Luftverschmutzung durch die Industrialisierung so stark wurde, dass man in Europe auf Stoff umgestiegen ist, da dieser leichter zu Reinigen war.

EinPaket hat ca 45 kg und ist voll mit Fellen

Nach einigen Besuchen im Supermarkt geht es am Donnerstag, den 10 August am Sleeping Giant vorbei und wir laufen eine kleine Bucht an.

Hier gibt es eine Sauna, einen restorierten Leuchtturm und einen kleinen Steg. Dieser ist aber leider voll, eine Mooringboje ist aber frei und bald hängen wir daran. Alles selbstverständlich zum Nulltarif.

Am nächsten Tag geht es früh weiter, war der Tag vorher bereits ein guter Segeltag, erwartet sich der Skipper heute noch besseres. Der Geschwindigkeitsrekord für diese Reise (bis jetzt) wird aufgestellt = 9,4 Knoten und mein Lieblingswort ist Landabdeckung, da die Wellen uns ziemlich durchschütteln.

Wir finden eine total geschützte Buch und lassen dort den Anker fallen. Am nächsten Tag wird wieder viel gesegelt, nun aber unter deutlich gemütlicheren Bedingungen. Ich bin zufrieden, der Skipper hat den vorigen Tag besser gefunden. In Woodbine Harbour fällt der Anker gleich zweimal, beim ersten Mal war es uns einfach etwas zu eng.

Ein zweites Segelboot liegt in der Bucht, bald werden wir auch die Besatzung, eine Familie mit einem jungen Sohn kennenlernen. Unter anderem werden wir gefragt, ob wir Müll hätten, da man am Abend ein Feuer machen würde, um diesen zu verbrennen.

Immer wieder fällt uns auf, dass Umweltschutz in Kanada und den USA einfach kein Thema ist. Der Müll wird fast überhaupt nicht getrennt (in Thunderbay hat der Herr von der Müllabfuhr mir tatsächlich erklärt, dass es zwar verschiedene Müllcontainer gibt, aber sie alles in einen Wagen werfen) und es ist auch keine Sensibilisierung da.

Und natürlich haben wir dankend abgelehnt und schleppen unseren Müll weiter mit uns mit.

Wir schauen am nächsten Tag bei tollen Wetter zu einem langen Kiesstrand und ankern davor bei einem Sandgrund. Ich erkunde die Halbinsel zu Fuß, Fritz geht am Abend wieder einmal fotografieren. Da die Gegend sehr einsam ist, bleibt üblicherweise die Kamera die ganze Nacht alleine am Strand und Fritz holt diese in der Früh wieder ab. Das Erwachen in der Früh am 14. August wird durch einen schlechten Wetterbericht beschleunigt. Für die nächsten Tage sind Winde bis 30 Knoten und Wellen bis 3 m vorhergesagt. Lake Superior ist berühmt für seine Wellen, daher brauchen wir einen guten Ankerplatz. Noch haben wir zwei Tage Zeit, aber der Wind dreht von Südwest auf Nordwest, also brauchen wir einen sehr geschützten Ankerplatz und diese sind an diesem Teil der Küste gar nicht so einfach zu finden. Unsere Wahl fällt auf die Slate Islands, welche durch einen Meteoriteneinschlag entstanden sind. Hier gibt es einen Platz, der wirklich alle Bedingungen erfüllt, aber wird der noch frei sein? Früh geht es also los und um ca. 16:00 Uhr sehen wir die junge Segelfamilie wieder, bzw. ihr Boot. Aber die haben sich nicht durch eine Engstelle getraut und Fritz stellt mich an den Bug und mit meinen Anweisungen und dem vorausschauenden Echolot geht es zu dem gewünschten Ankerplatz, der uns ganz alleine gehört. Ein Beibootausflug beendet für mich den Tag, Fritz geht wieder einmal fotografieren und stört dabei die Caribous auf der Insel, die hier seit Ewigkeiten leben, aber deutlich kleiner sind, als die am Festland, da man ein Inzuchtproblem hat.

Am nächsten Tag bekommen wir in der Früh Gesellschaft in unserer Bucht von einem amerikanischen Segelboot, welches Tags darauf ausläuft. Etwas verdutzt schauen wir hinterher – bei dem Wetterbericht? Ca. 1,5 Stunden später sind sie wieder da, Grundberührung mit einem Felsen, nach einem Tauchgang ist aber klar, es ist nichts Schlimmes passiert. Ich werde auf das Boot eingeladen und dabei stellt sich heraus, dass die amerikanische, sehr nette Besatzung, die Wetterberichte über Funk nicht findet. Die Amerikaner haben eigene Wetterkanäle, die Kanadier verwenden den normalen Funk. Dies erklärt nun einiges. Zwar erklärt man mir, dass man vielleicht am nächsten Tag auslaufen wird, aber ich lächle nur – wir werden am nächsten Tag bei uns im Boot sitzen und plaudern. Anscheinend hat man doch noch den Wetterbericht gefunden und angehört …

Wir vertreiben uns die Zeit mit Paddelausflüge, genießen die Zeit an Bord und Fritz bastelt ein bisschen an der Navigationselektronik und verbessert hier etwas.

Am 18. August geht es wieder weiter. Der Wetterbericht  verspricht uns seit Tagen Nordwest 20 Knoten, welcher im Laufe des Tages 15 Knoten werden soll. Idealer Segelwind – leider hat es fast gar keinen Wind und so schiebt uns Konrad unser Motor zu unserem nächsten Ankerplatz beim Festland. Simons Harbour gehört uns wieder ganz alleine. Wir sitzen noch lange im Cockpit und genießen das schöne Wetter, am nächsten Tag geht es mit dem Beiboot an Land zu einer Landerkundung. Fritz war in der Nacht bereits Fotografieren und schwärmt wieder einmal vom Sternenhimmel, der ohne jede Lichtverschmutzung ist.

Der nächste Ankerplatz übertrifft landschaftlich den vorherigen gleich noch einmal. Nur gibt es keine Funkverbindung, da die Hügel um Otters Cove herum alles abschirmen. Wir sitzen wieder im Beiboot und schauen uns alles an und ärgern uns, dass der Wetterbericht so gut ist für den nächsten Tag, dass wir einfach weitersegeln müssen. Hier könnte man schon einige Tage aushalten, es gäbe auch einiges zu erkunden.

38 Seemeilen sind für den 20. August geplant, wir wollen nämlich nach Michipicoten Island, und diese sind rasch abgespult, da wir Wind von hinten  bzw. von der Seite haben. Als die Welle schön langsam unangenehm hoch wird, biegen wir auch schon ab – erinnert euch – das Zauberwort heißt Landabdeckung. In Quebec Harbour fällt der Anker wieder einmal bei Sandgrund und der Windgenerator pfeift selbst am Ankerplatz. Hinter uns sieht man die Überreste zweier Dampfschiffe, welche abgebrannt sind uns hier nun schön langsam verrotten. Die alte Fischersiedlung ist auch schon sehr desolat, landschaftlich ist es schön, aber nicht so toll, wie die letzten Tage. Aber auch hier gäbe es viel zu erkunden und auch einige Wandertrails.

Weiter geht es zu unserem nächsten Ankerplatz. Hier gibt es einen Schreck für uns, bei der Ansteuerung des Ankerplatzes suche ich am Ufer das eingezeichnete Wrack. Dieses finde ich aber nur einige Meter vor uns im Wasser. Ein alter Dampfkessel schaut ca. 5 cm aus dem Wasser. Fritz legt den Retourgang ein und wir pfeifen auf die geschütztere Bucht und legen uns weiter außen hin. Die Windvorhersage erlaubt es. Mit dem Beiboot schauen wir uns die Sache dann genauer an. Zuerst finden wir es gar nicht, da so wenig aus dem Wasser ragt. Dann holen wir einmal tief Luft als wir sehen, was hier unter Wasser liegt. Zwar war Fritz nur sehr langsam unterwegs, hier wäre also wahrscheinlich nichts passiert, aber was ist, wenn man vor Anker darauf schwoijt. Die Karte stimmt hier eindeutig nicht. Später entdecken wir in einem anderen Teil auch noch das Deck, welches hier knapp unter der Wasserobfläche liegt. Ich mache einen schönen Spaziergang, Fritz geht am Abend fotografieren, leider ziehen aber rasch Wolken auf.

Der Wetterbericht für die nächsten Tage ist durchwachsen. Für Mittwoch den 23. August ist Wind aus Südost mit bis zu 20 Knoten angesagt. Wäre nicht schlecht, wir befürchten nur, dass es nicht wirklich Südost ist, sondern sich an die Küste anschmiegt und daher Süd ist – damit hätten wir den Wind genau auf die Nase. Ankerplätze für diesen Wind gibt es auf den nächsten 54 sm genau 2 – wir fahren einmal am 22. August zu dem ersten. Dieser ist sehr klein, es passt nur ein Boot hinein und ist nur 16 sm entfernt. Beim Hineinfahren strahle ich, auch dieser Platz ist nicht belegt und wieder fällt der Anker auf einen Sandgrund und gräbt sich sofort ein. Woher ich das weiß? Das Wasser ist hier so klar, dass ich sogar die Kettenmarkierungen am Grund genau sehe. Das Beiboot bringt uns zum Strand, und Fritz marschiert trotz sehr schlecht sitzender Prothese zu einem Lookout und danach mit mir zu einem Küstenabschnitt wo Wandmalereien der First Nation zu besichtigen sind. Diese sind aus verschiedenen Jahrhunderten, manche (Pferd mit Reiter) müssen nach Christoph Columbus entstanden sein, andere dürften älter sein. Um diese zu sehen muss man auf einem Felsvorsprung nahe dem Seewasser entlanggehen, wovor bei Welle und Wind eindringlich gewarnt wird. Wir haben Glück und die See ist spiegelglatt, trotzdem ist es für Fritz nicht so einfach.

Wieder an Bord liegen wir noch länger im Cockpit aber dann kommt der Regen und damit habe ich im Cockpit nun das Büro eröffnet um an unserem Blog zu arbeiten. Nachtrag: Gestern haben wir den Lake Superior verlassen, wieder einmal geschleust (diesmal war ein richtiges Gewühl – 2 Touristenboote, ein kleines Motorboot und ein paar Paddler), waren einkaufen und im sehr interessanten Bushplane Museum, in dem die frühe Geschichte der Flugzeuge in dieser Gegend aufgearbeitet wird. Wahrscheinlich haben wir schöneres Wetter als ihr in Österreich, aber der Herbst zieht schön langsam ein und die Gänse formatieren sich auch schon.

Hinterlasse einen Kommentar